Geschichte

Frühgeschichte und Mittelalter

Grabungsfunde bestätigen die Besiedelung des heutigen Stadtgebietes bereits im 7. Jahrhundert vor Chr. Auf den Burgbergen bei Aue, Dotzlar und Wemlighausen sind Spuren von Ringwallanlagen aus dieser Zeit zu finden. Für die Zeit bis zum 8. Jahrhundert fehlen allerdings Hinweise auf eine Besiedelung des Landes.

Die Stadtteile Arfeld und Raumland sind bereits 800 bzw. 802 urkundlich erwähnt. Aus dem Jahr 1059 liegen Urkunden vor, die die Siedlungen Alertshausen, Beddelhausen, Elsoff und Schwarzenau bestätigt. 1174 wird erstmals der Name „Widechinstein“ erwähnt. Die Ortschaft Berleburg wird in den Urkunden des Klosters Grafschaft erstmals 1258 als Berneborg erwähnt. Die Burg ging dann am 30. März 1258 an den Grafen Siegfried I. und dem Klostervogt Adolf I. von Grafschaft über. 1322 wurde die Doppelherrschaft in Berleburg durch Widekind von Grafschaft beendet, als er zu Gunsten Siegfried II. von Wittgenstein auf seine Rechte an der Stadt verzichtete. Als dieser als letzter in dem Geschlecht der Wittgensteiner Grafen starb, trat sein Schwiegersohn Salentin von Sayn das Erbe an. Er begründete das Haus Sayn-Wittgenstein.

 

Frühe Neuzeit

1488 und 1522 wüteten Großfeuer in der Stadt, die diese ganz vernichteten.

Bis zum Tode Graf Ludwigs des Älteren im Jahre 1605 entwickelt sich Berleburg zur Haupt- und Residenzstadt der Grafschaft Sayn-Wittgenstein-Berleburg, die im 18. Jahrhundert ein Zentrum der radikal-pietistischen Inspirationsbewegung in Deutschland war. Zwischen 1726 und 1742 wurde hier die bekannte Berleburger Bibel (umfasst acht Foliobände) gedruckt.

Der religiösen Toleranz in den beiden Wittgensteiner Grafschaften entsprach eine Duldungshaltung gegenüber mehreren Familien von in der zeitgenössischen Diktion als "Heiden" bezeichneten Sinti. Sie waren im militärischen und polizeilichen Dienst sowie als Bauarbeiter für die Wittgensteiner Landesherren tätig gewesen und hatten sich um die Mitte des 18. Jahrhunderts auf dem gräflichen Hofgut bei Saßmannshausen niederlassen können. Gegen Ende des Jahrhunderts wechselten einzelne von ihnen in die Berleburger Vorstadt. Dort siedelten sich im 19. Jahrhundert und verstärkt seit der Reformierung des preußischen Niederlassungsrechts Familien von Sinti und von Jenischen in dem traditionellen Armenviertel am Bach Lause sowie am Altengraben und im benachbarten Hemschlar an. Von der Mehrheitsbevölkerung und den Behörden wurden sie unterschiedslos mit dem stigmatisierenden Etikett "Zigeuner" belegt, und die Siedlung insgesamt als "Zigeunerkolonie" bezeichnet.

 

Neuzeit

Wittgenstein wurde 1806 dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt unterstellt. Durch die Neuordnung des Deutschen Bundes fiel Wittgenstein durch einen Vertrag zwischen Österreich, Preußen und Hessen-Darmstadt vom 30. Juni 1816 an Preußen und wurde infolge der königlichen Kabinettsorder vom 23. Februar 1817 dem Regierungsbezirk Arnsberg in der preußischen Provinz Westfalen zugeteilt.

1825 kam es zu einem verheerenden Stadtbrand, der einen Schaden von einer Viertel Million Mark verusrsachte.

Mit dem Bau der Rothaarbahn nach Berleburg 1911 setzte die Industrialisierung ein, zunächst allerdings nur auf die Holzwirtschaft beschränkt. Weitere Industriezweige kamen erst nach dem Zweiten Weltkrieg hinzu.

 

Neueste Zeit

 

Nationalsozialismus

In großer Zahl wechselten die Wittgensteiner Wähler seit den Reichstagswahlen 1930 zu den Nationalsozialisten. Mit 35,1% für die NSDAP setzten sich die Kreisstädter an die Spitze des neuen Trends (Reich: 18,3%). Bei den Reichspräsidentenwahlen 1932 bekam Hindenburg 35,2% (Reich: 53%), Hitler 49,4% (Reich: 36,8%; übriges Wittgenstein: 65,0%) Die drei Reichstags- und Landtagswahlen 1932 erbrachten für die Nationalsozialisten überdurchschnittliche, absolute Mehrheiten von 53,8%, 51,9%, 52,4% (übriges Wittgenstein: 69,4%, 65,5% und 67,4%).

Die Übergabe der Regierungsgewalt an die verbündeten Rechtskräfte („Kabinett Hitler“) am 30. Januar 1933 wurde in der Region bis ins kleinste Dorf volksfestmäßig mit Fackelzügen, Freudenfeuern und Festveranstaltungen gefeiert.

Ein erstrangiger Angriffspunkt von Bürgermeister und Stadtverwaltung wurden die als "Zigeuner" diffamierten und diskriminierten Berleburger aus der Vorstadt am "Berg".Dabei ging es wesentlich darum, Mittel für eine aktive Sozialpolitik zugunsten der Mehrheitsbevölkerung durch Vertreibung und Vernachlässigung "Minderwertiger" zu beschaffen. Bereits kurz nach der Machtübergabe strebte der Bürgermeister die Deportation der Minderheit in ein überwachtes Barackenlager „an abgelegener Stelle der Lüneburger Heide“ an. Hier wie bei zahlreichen nachfolgenden Überlegungen und Maßnahmen ging die Ortsbehörde weit über die von den Oberbehörden und zentralstaatlich gesetzten Grenzen hinaus. Zahlreiche kommunale, zentralstaatliche, privatwirtschaftliche Instanzen, Kirchengemeinden und Einzelpersonen trugen in einem verzweigten Arbeitsverbund die Ausschlußpolitik. Es kam u. a. zu lokalen Zuzugs-, Einkaufs-, Schulverboten, zur zeitweisen Einschließung des "Bergs" ("Belagerung") und zu zahlreichen - meist nicht genehmigten - Sterilisierungsanträgen.

Am 16. Dezember 1942 ordnete der Auschwitz-Erlass an, „Zigeunermischlinge, Ròm-Zigeuner und nicht deutschblütige Angehörige zigeunerischer Sippen balkanischer Herkunft ... in ein Konzentrationslager einzuweisen“. Die Ausführungsbestimmungen nahmen u. a. „sozial angepasst“ Lebende, die schon vor Kriegsbeginn in „fester Arbeit“ gestanden hatten und eine „feste Wohnung“ hatten, aus, was vollständig auf die Berleburger zutraf. Die entscheidende lokale Selektionskonferenz setzte sich darüber hinweg. 134 Menschen vom "Berg" und vom Altengraben, etwa die Hälfte Kinder, das jüngste drei Monate alt, wurden am 9. März 1943 deportiert. Neun überlebten.

Die verlassenen Häuser wurden zunächst durch Angehörige der Mehrheitsbevölkerung geplündert und verwüstet, bevor Stadtverwaltung und Finanzamt systematisch die verbliebene Ausstattung an sich nahmen, zu eigenen Zwecken verwendeten oder verkauften.

Wie die Atmosphäre für die kleinere jüdische Minderheit in Stadt und Amt Berleburg sich seit der Machtübergabe veränderte, geht aus einem Transparent 1935 gegenüber dem Bahnhof hervor: „Juden sind hier unerwünscht.“ Als am 9. November 1938 die Berleburger Synagoge verwüstet und das Inventar auf dem Marktplatz verbrannt wurde, beteiligten sich über Parteikader hinaus viele Berleburger, sei es zustimmend als Zuschauer, sei es aktiv. Die Ausschreitungen griffen aus. Schaufenster und Wohnhausfenster wurden eingeschlagen, Geschäfts- und Wohnungseinrichtungen demoliert. Es wurde geplündert. Im Amtsbezirk gab es Ausschreitungen zumindest noch in Schwarzenau und mutmaßlich auch in Beddelhausen. Im Anschluß wurden die jüdischen Männer in das KZ Sachsenhausen deportiert. Nun flüchteten vermehrt jüdische Berleburger ins Ausland und in die Großstädte. Das hinterlassene Eigentum ging an die Mehrheitsbevölkerung und den Staat.

Von den dann am 28. April 1942 nach Zamosc (Polen), am 27. Juli 1942 in das KZ Theresienstadt und am 27. Februar 1943 in das KZ Auschwitz-Birkenau deportierten 25 Berleburgern überlebte einer. Zehn von ihnen wurden aus ihren Fluchtorten verschleppt. Im September 1944 ging ein Transport von mit Nichtjuden Verheirateten sowie von „Mischlingen 1. Grades“ zur Zwangsarbeit in verschiedene Arbeitslager. 1942 wurden 18 Schwarzenauer, zehn davon inzwischen weggezogen, drei inzwischen verzogene Arfelder, vier Beddelhäuser und sieben Elsoffer deportiert. Keiner überlebte. 1944 wurde eine mit einem Nichtjuden verheiratete Schwarzenauerin mit ihrer Tochter zur Zwangsarbeit nach Berlin verschleppt. Sie überlebten beide. Die Deportationen hatte einen weiteren Umverteilungsschub zur Folge.

Von den zu Beginn der 1930er Jahre etwa 3.300 Einwohnern wurden etwa 8% als „Zigeuner“, Juden, „Asoziale“ oder Kommunisten – die Zuordnungen überschnitten sich - in die nationalsozialistischen Konzentrationslager verschleppt, die sie ganz überwiegend - etwa 170 von ihnen - nicht überlebten.

Nach einer Phase des Schweigens, dann der Kontroverse hat sich inzwischen in der Stadt eine Kultur bewußter Wahrnehmung, der Erinnerung und der Würdigung der Opfer etablieren können. Es gibt in Bad Berleburg heute Gedenksteine für die beiden rassistisch verfolgten Minderheiten, und am 18. Juni 2007 beschloss der Rat der Stadt, "Stolpersteine" des Kölner Künstlers Gunter Demnig verlegen zu lassen. Die Verlegung beginnt am 2. September 2008 im Rahmen der Feier zum 750-jährigen Stadtjubiläum.

 

Jüngste Zeitgeschichte

Bereits 1935 war die Stadt wegen des schonenden bis reizmilden Klimas als Luftkurort anerkannt worden. Nach 1949 wurde die Klinik Wittgenstein als psychosomatisches Krankenhaus errichtet, die bis heute unter der Trägerschaft des Evangelischen Johanneswerkes steht.

1951 wurde aus privater Initiative ein Kneipp-Kurverein gegründet, der der Vorläufer der Wittgensteiner Kuranstalt (WKA) war. Im ersten Jahr der Eröffnung des Kneippkur-Betriebes durch die WKA 1953 zählte man 11.000 Übernachtungen. Nach und nach wurde Berleburg zum zweitgrößten Kneipp-Kurort in Deutschland. Die heute in Bad Berleburg bestehenden Rehakliniken der Fachrichtungen Psychosomatik, Orthopädie, Neurologie und Kardiologie gehören zur Gruppe der HELIOS Kliniken GmbH.

Durch die Erlangung der staatlichen Anerkennung als Kneipp-Kurort wurde 1971 der Namenszusatz Bad verliehen und seitdem lautet der Name Bad Berleburg. Die staatliche Anerkennung als Heilbad erfolgte 1974.

1975 wurde durch das Sauerland/Paderborn-Gesetz das umliegende Amt Berleburg aufgelöst und kam größtenteils zur Stadt Bad Berleburg. Es entstand die zu diesem Zeitpunkt flächenmäßig zweitgrößte Stadt in Nordrhein-Westfalen. Die Ortschaften Hoheleye, Langewiese, Mollseifen und Neuastenberg wurden dem neu gegründeten Hochsauerlandkreis zugeteilt. Sie sind heute Stadtteile von Winterberg. Die Ortschaften Balde, Birkelbach, Birkefehl, Leimstruth und Womelsdorf gingen zur Gemeinde Erndtebrück über. Gleichzeitig wurde der Kreis Wittgenstein mit dem bisherigen Kreis Siegen zum neuen Kreis Siegen zusammengefasst. 1984 erfolgte die Umbenennung des Kreises Siegen in Kreis Siegen-Wittgenstein.

 
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